Das Hochkreuz in der Grünlage Rheinstraße/Kirchstraße
Das Hochkreuz in der Grünlage Rheinstraße/Kirchstraße
Dieses recht neu wirkende Kreuz wurde, wie die meisten im Landkreis Rastatt, ebenfalls aus rotem Buntsandstein geschlagen. Aus der Inschrift, die man am Sockel findet, geht hervor, dass die Stifter vermutlich W.G. und A.M. gewesen sind. Der etwas ungelenk wirkende Eintrag der Jahreszahl 1723 benennt wohl das Datum des Stiftungsjahres. Nähere Informationen, wie diese Namen lauteten bzw. was die Buchstaben bedeuten, liegen nicht vor. Insgesamt ist auf ihm jedoch einiges an christlicher Symbolik ablesbar, was einen Rückschluss auf die Religiosität der Menschen vor über 300 Jahren erlaubt. So ist zu sehen, dass der Querbalken an beiden Seiten ebenso wie der Längsbalken oben jeweils mit Kleeblatt-Enden ausgestaltet ist. Diese Kreuzform wird u.a. als Lazarus- oder Brabanterkreuz bezeichnet und soll dem Betrachter die Hoffnung auf ein neues Leben nach dem Tod vermitteln. Es ist auf der Bietigheimer Gemarkung diesbezüglich einzigartig. In den drei Enden ist je ein Engelsköpfchen zu erkennen. Unterhalb des obersten Kleeblattes am Längsbalken findet sich auch die Inschrift "INRI", die wiederum auf "Jesus von Nazareth, den König der Juden" hinweist (nach Lk 23,38). Der Christuskörper wurde offenbar in einem Stück aus demselben Stein gehauen und stellt so eine harmonische Einheit mit den Kreuzbalken dar. Die Arme des Gekreuzigten weisen in Y-Form nach oben. In den Handflächen sind die Spuren der Kreuzigungsnägel zu erkennen. Der Kopf trägt eine grob ausgestaltete Dornenkrone und ist nach rechts geneigt. Die Augen sind geschlossen. Er trägt um den Mund einen Bart, keinen Vollbart, wie ansonsten üblich. Ringartig ausgearbeitet und parallel verlaufend sind die Rippenbögen dargestellt und mit verschiedenen Mustern wurde das Lendentuch ausgearbeitet. Der rechte Fuß liegt über dem linken. Auch hier ist ein quadratisch herausgearbeiteter Nagel zu erkennen. In der unteren Hälfte des Längsbalkens ist zunächst ein weiteres, kleines Kreuz zu sehen. Vermutlich handelt es sich um ein so genanntes Malteserkreuz, das wiederum eine Fülle eigener Symbolik in sich trägt. Ihm folgt eine Nische mit den Maßen 35 cm hoch, 14 cm breit und 7 cm tief. Diese ist allerdings leer. Früher stand hier möglicherweise eine Heiligenfigur oder eine Kerze darin. Bei Prozessionen, wie zum Beispiel an Fronleichnam, an denen in früheren Zeiten an diesem Kreuz stets ein Fluraltar aufgebaut war, konnte hier auch eine kleine Monstranz abgestellt werden Ein unverkennbarer Hinweis auf die eigene Vergänglichkeit derer, die dieses Hochkreuz betrachten, folgt unmittelbar unter der Nische. Dort ist ein nur schwach ausgearbeiteter Totenschädel sichtbar und darunter sind zwei sich überkreuzende menschliche Knochen dargestellt. "Bedenke Mensch, dass du Staub bist...", so kann diese Bildbotschaft wohl interpretiert werden - aber auch als Erinnerung daran, dass der hier dargestellte Christus durch seinen Kreuzestod diesen überwunden hat und es somit Hoffnung auf ein ewiges Leben nach dem irdischen Dasein gibt. Dieser Glaube hat in seiner Aussagekraft heute noch dieselbe Bedeutung wie vor 300 Jahren. Ein doppelter Sockel trägt die gesamte Kreuzesdarstellung. Das Hochkreuz stand viele Jahre lang inmitten der Einmündung Rhein-Kirchstraße. Dort wurde es im Jahre 2010 infolge eines schweren Lkw-Unfalles komplett zerstört. Deshalb musste ein neues Kreuz hergestellt werden, wobei sich der Steinmetz exakt an dem Original orientieren musste. Dies ist ihm auch in ausgezeichneter Weise gelungen, vergleicht man es mit Fotoaufnahmen, die sogar noch aus der Zeit von vor 1940 vorliegen. Um an diesem Standort künftig ähnliche Unfallereignisse zu vermeiden, wurde es nach umfangreicher Restaurierung in die daneben liegende Grünanlage versetzt. Als dort im Jahre 2018 aber Parkplätze angelegt wurden, erhielt es 2019 innerhalb der Anlage nochmals einen neuen Standort. Dieser sollte sicherstellen, dass es nicht erneut durch einen Pkw oder Lkw beschädigt oder gar zerstört werden kann. Das Kreuz befindet sich im Besitz der Gemeinde Bietigheim.
Text u. Bild: Hermann Schmitt