Das Kreuz in der Platzanlage "Bluu"
"Sieh an, oh Sünder mein, könnt die Lieb wohl größer sein; damit du lebest, sterbe ich und von dem Tod errette dich 1771" - so lautet die Inschrift auf dem Sockel dieses Hochkreuzes, das inmitten der Platzanlage Bluu aufgestellt wurde. Hinweise auf eine Stifterin oder einen Stifter finden sich nicht. Der im Volksmund "Bluu" genannte Platz befindet sich entlang der Alte Rathaus- und Badenstraße. Vermutlich aufgrund größerer Beschädigungen oder von ungünstigen Witterungseinflüssen wurde die untere Hälfte des Längsbalkens vor einiger Zeit durch Material aus hellem Sandstein ersetzt. Alle übrigen Teile inklusive des dreistufigen Sockels sind noch im Original erhalten und wurden aus rotem Sandstein hergestellt. Das Kreuz ist 405 cm hoch, 98 cm breit und trägt einen Christuskorpus. Im Unterschied zu dem Kreuz an der Kirch-/Rheinstraße sind hier die Kreuz-Enden nicht in der Form eines Kleeblattes ausgeführt. Stattdessen, quasi aufgesetzt, befindet sich je ein Engelsgesicht an den drei Enden, das jeweils mit einer Wolke eingefasst erscheint. In dieser Kreuzesdarstellung sind diese Engelsköpfe leicht zum Erlöser in der Mitte hingeneigt. Der Christuskopf ist von einer großen, recht grob ausgearbeiteten Dornenkrone umrankt und nach rechts unten gesenkt. Jesus hat hier halblanges, gewelltes Haar. Die Augen sind geschlossen und das Gesicht trägt einen Vollbart. Mit einem groben Strick, der rechts an der Hüfte gut sichtbar verknotet ist, wird das Lendentuch gehalten. Es erscheint locker und ist mit vielen Falten um den Leib gelegt, was sehr realistisch wirkt. Seit der letzten Restaurierung im Jahre 2012 haben die Witterungseinflüsse an verschiedenen Stellen des Kreuzes sowie am Körper bereits wieder deutliche Spuren hinterlassen. So sind die Beine von tiefen Längsrissen durchzogen. Der rechte Fuß ruht auf dem linken. Hände und Füße wurden der Überlieferung nach mit Nägeln am Kreuzesbalken befestigt. Zu sehen ist davon noch ein quadratischer Nagelkopf, der Hände und Füße durchdrungen hat. Unter ihnen neigt sich wiederum ein kleiner Engelskopf zur Seite. Es scheint, als ob sich der Gekreuzigte auf ihm abstützt. So, als wollte er bei den Engeln des Himmels Halt finden. An dieser Stelle beginnt nun der untere Teil des mit hellem Sandstein erneuerten Längsbalkens, an dessen Ende sich wieder die Darstellung eines Totenschädels findet, der auf einem Knochen ruht. Auch hier ist die christliche Grundaussage über die Sündhaftigkeit und Vergänglichkeit des Menschen, verbunden mit der Hoffnung auf Erlösung durch den, "der da am Kreuze hängt" zu erkennen. Im "Lexikon der Symbole und Attribute in der Kunst" von Hildegard Kretschmer findet man hierzu diese Deutung: "Ein Totenschädel ist das wichtigste Sinnbild für die Vergänglichkeit alles Irdischen. Der häufig zu findende Schädel unter dem Kreuz Christi, oft auch mit Knochen kombiniert, weist zurück auf Adam, der der Legende nach an dieser Stelle auf Golgota begraben war. Damit wird auf Christus als zweiten oder neuen Adam verwiesen, der im Gegensatz zum ersten Adam, der die Sünde und den Tod in die Welt brachte, den Tod überwand und die Menschen erlöste. Golgota ist ein Hügel bei Jerusalem, auf dem Jesus gekreuzigt wurde. Das gesamte Hochkreuz ruht auf einem mächtigen, von einem stilisierten Blumenkranz, auch Schmuckkartusche genannt, umrankten Sockel. In ihm befindet sich in goldenen Buchstaben die oben zitierte und noch immer sehr gut lesbare Inschrift. Demnach wurde das Kreuz im Jahre 1771 errichtet. Zwei weitere, kleinere Postamente tragen die Last des gesamten Werkes. Es hat nunmehr, seit der Umgestaltung der Anlage im Jahre 2012, einen würdigen Platz gefunden. Vor dieser Umsetzung ist innerhalb dieses Bereiches ein anderer Standort dokumentiert. Es stand im Jahre 1962 vorne an der Ecke des heutigen Parkplatzes, direkt an der Einmündung von der B 36 in die Alte Rathausstraße (vgl. Bietigheimer Bilderbuch, S. 34). Die Herkunft der Bezeichnung "Bluu" für diesen Platz bleibt übrigens im Dunkel der Geschichte verborgen. Bisher konnte hierzu keine aussagekräftige Quelle oder Worterklärung gefunden werden. Ebenfalls ungeklärt ist der Sachverhalt, dass auf Fotos aus den Jahren 1995 und älter als Sockeltext folgender Inhalt zu erkennen ist: "Jesus dir leb ich Jesus dir sterb ich Jesus dein bin ich im Leben und im Tod" Was mit dem Sockel geschehen ist, der diesen Text trug, ist heute nicht mehr feststellbar. Das Kreuz befindet sich im Besitz der Gemeinde Bietigheim.
Text u. Bild: Hermann Schmitt